Kanton Bern 2030 : Dauerhafte Vierjahreszeiten-Arbeit

Gastbeitrag Bernerzeitung vom 2. Mai 2016

«Kanton Bern 2030»: Eine dauerhafte Vierjahreszeiten-Arbeit

Was ist von den neuen politischen Mehrheiten im Kanton Bern zu erwarten? Die politische Arbeit wird konsistenter gestaltet werden können. Der Reformbedarf ist hoch. Bürgerliche Vernunft ist jetzt mehr denn je gefragt.

Von der neuen Konstellation mit der bürgerlichen Mehrheit in der Regierung ist aus meiner Sicht als BDP-Präsident folgendes zu erwarten:

  1. Durch die ähnliche parteipolitische Zusammensetzung werden endlich die Animositäten zwischen Parlament und Re­gierung wegfallen. Die Mehr­heiten in beiden Institutionen können die Aufgaben aus einer ge­meinsa­men Grundposition heraus lösen. Die „Cohabitation“ hat die politische Arbeit bisher erschwert und verzögert.
  2. Nach den Wahlen 2018 werden die bürgerlichen Vertreter im Regierungs­rat Verantwortung übernehmen müssen. Die Schlüsseldi­rektionen Finanzdirektion, Gesundheits- und Fürsorgedirektion und die Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion gehören in ihr Portefeuille.
  3. Der Regierungsrat und der Grosse Rat wollen die nicht mehr zeitgemässe Struktur der Kantonsverwaltung mit einer Reform der Direktionen verändern. Der Justiz-, Gemeinde- und Kirchen­direktion etwa geht aufgrund verschiedener Reformen die Arbeit aus. Die Aufgaben der Gesundheits- und Fürsorgedirektion dagegen sind enorm gewachsen. Auf Initiative der BDP wurden die Arbeiten für die nötige Reform in die Wege geleitet.
  4. In einem Projekt «Kanton 2030» sind Wege aufzuzeigen, wie die Wirtschaftskraft des Kantons verbessert werden kann. Gemeinsam mit Branchen und Unternehmern sind Massnahmen zu definieren, damit die Wettbewerbsfähigkeit und das Arbeitsplatzangebot erhöht werden können. Die Förderung des Wirtschaftswachstums und der Abbau von Hemmnissen sind zu priorisieren. So sind neben vielen anderen Massnahmen zum Beispiel die heute sehr komplizierten Bewilligungsverfahren über mehrere Amtsstellen drastisch zu vereinfachen oder die kleinräumige gemeindebezogene Raumplanung in Richtung verbindlicher regionaler Richtpläne zu entwickeln. Gerade bezüglich der Raumplanung, vereinfachter Verfahren und Flexibilität hat der Freistaat Bayern vorgemacht, wie innert 20 Jahren aus einem Agrarstaat ein moderner Wirtschaftsstaat gemacht werden kann.
  5. Der Kanton kann zwar nicht einfach so Aufgaben streichen wie ein Unternehmen, aber er kann seine Aufgaben priorisieren und alles einem übergeordneten Ziel unterordnen. Die heutige Arbeit der Verwaltung ist auf Perfektion ausgelegt. Gerade im Bauwesen ist der «Berner Finish» schweizweit bekannt. Es ist möglich, weniger relevante Aufgaben kostengünstiger zu lösen. So stellt sich beispielsweise die Frage ob für jedes Thema jedes Jahr ein spezieller Bericht hergestellt werden muss. Grundsätzlich muss jede Aufgabe hinterfragt und nötigenfalls Gesetze angepasst werden.
  6. Der Stellenetat muss neu strukturiert und inklusive der über Projekte finanzierten Stellen für ein echtes Management mit allen Kompetenzen der Finanzdirektion als zentrale Personalkoordinations- und managementstelle übergeben werden, wie das in jedem modernen Betrieb der Fall ist. Es sind Ziele für einen kontinuierlichen Stellenabbau und Prioritäten zu setzen, welche Aufgaben der Verwaltung bedeutsam sind und welche zurückgeschraubt werden können.

Im Frühling trüben auch bei Wirtschaftsvertretern oft überschwängliche Gefühle die klare Sicht auf das Ganze. Mit Plattitüden und unrealistischen Vorschlägen etwa zu abenteuerlichen Fonds zur Finanzierung von Staatsaufgaben wird die politische Diskussion animiert. Tatsächlich erreicht wird damit nichts anderes als die Fortsetzung des bisherigen Zustandes in anderen Nuancen: Dauerquerelen und Klientelenpolitik, die dazu führen, dass beispielsweise kaum Luft bleibt, um eine Unternehmenssteuerreform III umzusetzen.

Fazit: Der Kanton muss gestärkt werden, denn ein armer Kanton kann auch seine wichtigen sozialen Aufgaben nicht erfüllen. Was zu leisten ist, ist harte Knochenarbeit. Das ist keine Frühjahrs-Angelegenheit, sondern ein dauerhafter Vierjahreszeiten-Job.