Kanton Bern 2030 – Eine dauerhafte Vierjahreszeiten-Arbeit

Kolumne im Berneroberländer vom 21. Mai 2016

Verkürzte Version des Gastbeitrages in der Bernerzeitung vom 2. Mai 2016

Der Reformbedarf im Kanton Bern ist hoch. Zukunftsgerichtete bürgerliche Vernunft ist jetzt gefragt. Von der neuen Konstellation mit der bürgerlichen Mehrheit in der Regierung muss folgendes zu erwarten sein:

1. Durch die ähnliche parteipolitische Zusammensetzung werden die Animositäten zwischen Parlament und Regierung wegfallen, die Aufgaben können aus einer gemeinsamen Grundposition heraus gelöst werden. Die „Cohabitation“ hat die politische Arbeit bisher erschwert.

2. Nach den Wahlen 2018 müssen die bürgerlichen Vertreter im Regierungsrat Verantwortung übernehmen. Die Schlüsseldirektionen Finanzdirektion, Gesundheits- und Fürsorgedirektion (GEF) und die Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion gehören in ihr Portefeuille.

3. Der Regierungsrat und der Grosse Rat wollen die nicht mehr zeitgemässe Struktur der Kantonsverwaltung mit einer Reform der Direktionen verändern. Der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion etwa geht wegen der Reformen die Arbeit aus. Die Aufgaben der GEF dagegen sind enorm gewachsen. Auf Initiative der BDP wurden die Arbeiten für die nötige Reform in die Wege geleitet.

4. In einem Projekt «Kanton 2030» sind Wege aufzuzeigen, wie die Wirtschaftskraft des Kantons verbessert werden kann. Gemeinsam mit Branchen und Unternehmern sind Massnahmen zu definieren, damit die Wettbewerbsfähigkeit und das Arbeitsplatzangebot erhöht werden können. Die Förderung des Wirtschaftswachstums und der Abbau von Hemmnissen sind zu priorisieren. So sind zum Beispiel die heute sehr komplizierten Bewilligungsverfahren über mehrere Amtsstellen drastisch zu vereinfachen oder die kleinräumige gemeindebezogene Raumplanung in Richtung verbindlicher regionaler Richtpläne zu entwickeln. Gerade bezüglich der Raumplanung, vereinfachter Verfahren und Flexibilität hat der Freistaat Bayern vorgemacht, wie innert 20 Jahren aus einem Agrarstaat ein moderner Wirtschaftsstaat gemacht werden kann.

5. Der Kanton kann zwar nicht einfach so Aufgaben streichen wie ein Unternehmen, aber er kann seine Aufgaben priorisieren und alles einem übergeordneten Ziel unterordnen. Die heutige Arbeit der Verwaltung ist auf Perfektion ausgelegt. Gerade im Bauwesen ist der «Berner Finish» schweizweit bekannt. Grundsätzlich muss jede Aufgabe hinterfragt und nötigenfalls Gesetze angepasst werden.

6. Der Stellenetat muss neu strukturiert und inklusive der über Projekte finanzierten Stellen mit allen Kompetenzen der Finanzdirektion als zentrale Personalkoordinations- und managementstelle übergeben werden, wie das in jedem modernen Betrieb der Fall ist. Es sind Ziele für einen kontinuierlichen Stellenabbau und Prioritäten zu setzen, welche Aufgaben der Verwaltung bedeutsam sind und welche zurückgeschraubt und kostengünstiger erbracht werden können.

Im Frühling trüben auch bei Wirtschaftsvertretern oft überschwängliche Gefühle die klare Sicht auf das Ganze. Mit Plattitüden und unrealistischen Vorschlägen wird die politische Diskussion animiert. Tatsächlich erreicht wird damit nichts anderes als die Fortsetzung des bisherigen Zustandes in anderen Nuancen: Dauerquerelen und Klientelenpolitik, die dazu führen, dass beispielsweise kaum Luft bleibt, um eine Unternehmenssteuerreform III umzusetzen.

Fazit: Der Kanton muss gestärkt werden, denn ein armer Kanton kann auch seine wichtigen sozialen Aufgaben nicht erfüllen. Was zu leisten ist, ist harte Knochenarbeit. Das ist keine Frühjahrs-Angelegenheit mit Schnell- und Querschüssen, sondern ein dauerhafter Vierjahreszeiten-Job.