Digitalisierung und demografische Entwicklung als wichtigste Herausforderungen

Parteiversammlung vom 17. Mai 2018

Wie immer zu Beginn der Parteiversammlung berichte ich über Aktuelles.
Obwohl nicht nur die bernischen Wahlen die vergangenen Monate geprägt haben lasse ich dieses Thema an dieser Stelle ganz bewusst aus. Zum einen haben wir ein Traktandum Wahlen im Anschluss an die Parolenfassung. Zum anderen haben die Entwicklungen im Kanton Graubünden mit der BDP als Partei an sich nichts zu tun. Ich masse mir kein Urteil über Einzelpersonen und schon gar nicht über deren Einbezug in die juristischen Verfahren an. Es ist nicht an uns Bernern das öffentlich zu kommentieren. Klar ist: Die Schuldigen sind zur Rechenschaft zu ziehen, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit. Was das für die BDP insgesamt für Auswirkungen haben wird, werden wir am 10. Juni bei den Wahlen im Bündnerland erfahren.
Ich möchte vorausschauen.
Die zwei grössten Herausforderungen der Zukunft sind für mich erstens die Digitalisierung und die damit verbundenen Verschiebungen innerhalb des Arbeitsmarktes und zweitens die demografische Entwicklung mit allem was sich daraus ergibt.

Vordergründig besteht kein Zusammenhang zwischen diesen Themen. Bei genauerer Betrachtung hängen sie in vielen Punkten direkt zusammen. Der für mich offensichtlichste ist der Umstand, dass wir auf Beides schlecht vorbereitet sind.
Die Digitalisierung provoziert Ängste. Diesen Ängsten müssen wir mit schlauen Konzepten begegnen. Es gilt der Digitalisierung zum Durchbruch zu verhelfen und gleichzeitig jene Bevölkerungsschichten nicht zu vergessen, die davon abgehängt werden. Die Digitalisierung schafft neue Möglichkeiten gleichzeitig überfordert sie eine Vielzahl der Leute.
Wir haben es mit der Globalisierung erlebt: dort haben wir den Populisten quasi den Teppich ausgerollt, indem wir allzulange nicht gemerkt haben, dass den Ängsten mit griffigen Gegenmassnahmen entgegenzutreten ist. Das ist mit der Zeit halbwegs gelungen. Es gibt Lichtblicke. Wie weit wir damit tatsächlich sind werden wir sehen, wenn wir über die sogenannte Selbstbestimmungsinitiative oder die Kündigungsinitiative abzustimmen haben.
Die Digitalisierung ist eine neuere Entwicklung. Sie dringt in Bereiche vor, die bisher vor der öffentlichkeit weitgehend verborgen waren. Daten werden für Dinge genutzt die direkt den Kern unserer Verhaltensweisen tangieren. Und vorallem ritzt sie an Errungenschaften, die wir uns über die Jahre erarbeitet haben: Die Uber’s und AirBnB’s und wie sie alle heissen loten die Grenzzonen aktueller Gesetze aus.
Es mag positiv sein, dass man sich über Sinn und Unsinn von Taxireglementen und Beherbergungsvorschriften intensiver unterhält. Es wird allerdings dann schwierig, wenn Marktteilnehmer unterschiedlich behandelt werden. Hier stellt sich die Frage, wie weit das «Downgrade» führen soll. Digital heisst ja nicht schrankenlos. Digital heisst auch nicht gesetzlos. Jedoch: unser Rechtssystem hinkt hinter her, jene die es ausgestalten sollten sind sehr oft überfordert. Sei es bei der Ausgestaltung neuer Gesetze, die die Digitalisierung adäquat abbilden, sei es mit dem Vollzug bestehender Gesetze in die Bereiche der Digitalisierung hinein. Die Folge der Überforderung sind meistens Verbote, so wie sie gerade aktuell in der Stadt Bern mit AirBnB diskutiert werden. Wir werden heute noch bei der Diskussion ums Glückspielgesetz sprechen.

Bei der demografischen Entwicklung steuern wir in eine ähnliche Unsicherheit, deren Auswirkungen noch gravierender sind. Wir wissen es an sich schon lange : Das Bundesamt für Statstik sagt im mittleren Szenario gegenüber den Zahlen von 2010 bei den über 65 jährigen ein Wachstum von 57% bis ins Jahr 2030 voraus. Bei den über 80 jährigen sind es sogar 77%.
Die Folgen davon sind klar. Unser Sozialversicherungssystem stösst an seine Grenzen und hat einen dringenden Reformbedarf. Wie schleppend das geht haben wir bei der letzten Abstimmung zur AHV Revision gesehen.
Die Finanzierung unseres Gesundheitssystems wird dadurch ebenfalls stark belastet.
Nicht dass alt mit krank gleichzusetzen ist. Um es kurz und etwas sarkastisch zu formulieren:
Früher starb man an Diabetes oder einem Herzinfarkt bevor man an Krebs erkranken konnte. Heute hat man den Diabetes oder die Herzkreislaufkrankheiten mehr oder weniger im Griff, man stirbt kaum mehr daran.
Was besorgniserregend stark ansteigt sind die Demenzerkrankungen.
Auch hier gilt die gleiche Aussage: früher starb man bevor man dement werden konnte. Heute wird man «gesund» dement.

Das alles kostet und muss irgendwie finanziert werden.
Die Gesundheitskosten und die Sozialausgaben steigen und steigen. Die Ergänzungsleistungen belasten auch die Kantonskasse. Und es gibt Traumtänzer, die in der heutigen Zeit tatsächlich hinstehen und eine Initiative lancieren, deren Kernaussage es ist, dass damit die Krankenkassenprämien gesenkt werden können. Ich kann nur sagen: Dream on. Das ist den Leuten Sand in die Augen gestreut und verzögert die Problemlösung noch weiter.
Was es braucht sind grundlegende Reformen. Sowohl in der Digitalisierung wie auch bei der sozialen Wohlfahrt pressiert’s. Und in beiden Bereichen geht’s eben nicht mit links rechts Blockade und Geleier, sondern es braucht schnelle und griffige Lösungen. Nicht nur auf nationaler sondern auch auf kantonaler Ebene.
Beide Thematiken führen uns die Grenzen unseres demokratischen Systems vor Augen. Und bei beiden scheint mir geht vorallem deshalb nichts, weil sich links und rechts in Extremvorschläge und Extremforderungen versteigen, nur um der eigenen Klientel zu gefallen.
Ich finde das verantwortungslos. Ich fordere die Verantwortlichen auf, die ideologischen Scheuklappen abzulegen und sich zum Wohle unseres Landes und letztendlich auch zum Wohle unseres demokratischen Systems an einen Tisch zu setzen und anzupacken.

Übrigens: bei der ersten Motion, die eingereicht wurde noch bevor die neue Legislatur angefangen hat, ging es um die Umfahrung Frutigen …… Prioritäten erkannt und richtig gesetzt …
In diesem Sinne eröffne ich die heutige Parteiversammlung.