Wie informieren Sie sich ?

Kolumne Berner Oberländer 17.12.2016

Früher gehörte ein Zeitungsabonnement praktisch zu jedem Haushalt. In unserer Region war das Oberländische Volksblatt quasi Pflichtlektüre. Kantonal gab es den Bund, national die NZZ und den Blick. Jeweils mittags um 12.30 berichtete Radio Beromünster über die Neuigkeiten des Tages. Am Mittagstisch wurde aufmerksam zugehört. Abends gab es keinen Kampf um die TV-Fernbedienung, weil es gar keine Fernbedienung, nur einen Sender und einen einzigen Fernseher gab. Die Redaktorinnen und Redaktoren haben bestimmt über was die Bevölkerung zu informieren war. Die Informationen waren sehr kanalisiert und knappgehalten.

Dann veränderte sich die Vielfalt der Radioprogramme. Es gab private Radiostationen, die insbesondere regionale Themen beleuchteten. Später kam das Kabel- oder Satellitenfernsehen dazu. Um einen Schlag vergrössert sich die Informationsflut um ein Vielfaches.  Die Informationsquellen standen in direkter Konkurrenz und buhlten mit Schlagzeilen und Geschichten um die Leserschaft. Die Journalisten verpflichteten sich auf einen Ethikkodex für journalistisches Arbeiten. Damit sollte die hohe Qualität der Presseerzeugnisse sichergestellt und das Berufsethos bewahrt werden.

Mit der Ausbreitung des Internets und der weltweiten Vernetzung über soziale Medien wie Facebook oder Twitter hat sich die Zahl der Informationsquellen explosionsartig vergrössert. Man kann sich heute sämtliche Informationen schnell und einfach aus dem Internet beschaffen. Das ist zwar im Lichte des freien Zugangs zu Informationen im Grunde kein Übel. Auf der anderen Seite kann heute jeder und jede (Falsch-) Meldungen verbreiten. Sie werden immer öfter unkritisch aufgenommen und weiterverbreitet. Eindrücklich haben das die amerikanischen Präsidentschaftswahlen gezeigt, wo es offenbar einer Gruppe von findigen Internetunternehmern aus Mazedonien gelang, Falschmeldungen so zu verbreiten, dass sie zum Wahlthema wurden. Es ging einzig allein darum, Leute auf die eigene Webseite zu ziehen um mit den Klicks im Werbemarkt Geld zu verdienen. So wurde offenbar die Falschmeldung, dass Papst Franziskus Donald Trumps Kandidatur unterstützt habe, fast eine Million mal auf Facebook geteilt. Und mit jedem Click verdiente jemand mit.  Auch während der letztjährigen Flüchtlingskrise kursierten Bilder von Flüchtlingen, die offenbar ihr Essen wegwarfen, die ihre Zimmer verwüsteten. Auch die Meldung, dass Asylbewerber mehr Unterstützung als Sozialhilfebezüger erhalten würden, verbreitete sich in kürzester Zeit, obwohl die Information nachweislich völlig falsch ist.

Politische Propaganda und das Schüren von Hass über gefälschte oder aus dem Zusammenhang gerissene Geschichten und Bilder sind an der Tagesordnung und werden als «Wahrheit» verbreitet. Ein guter Nährboden für den Populismus. Denn all dies führt dazu, dass viele Leute mit der Informationsflut überfordert sind. Wahres von Unwahrem zu unterscheiden wird immer schwieriger.
Immerhin haben Facebook und Google angekündigt, dass Sie Webseiten, die auf Falschmeldungen basieren aus ihren Werbenetzwerken auszuschliessen. Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.
 Ich wünsche mir, dass die Tageszeitungen, die sich zum Qualitätsjournalismus bekennen, vermehrt «virale» Falschmeldungen aufnehmen und mit eigenen Faktenchecks auf den Wahrheitsgehalt überprüfen. So kann ein Beitrag geleistet werden, im Dschungel der Informationen wahre Geschichten und Unwahre unterscheiden zu können.