Begrüssungsrede Parteiversammlung BDP Kanton Bern vom 11. Mai 2016

Begrüssungsrede Parteiversammlung BDP Kanton Bern in Ostermundigen vom 11. Mai 2016

(es gilt das gesprochene Wort)

Liebe BDPlerinnen, Liebe BDPler

Ich begrüsse Sie zu unserer heutigen Parteiversammlung in Ostermundigen.

Seit der letzten Parteiversammlung haben wir eine turbulente Zeit hinter uns gebracht, die der BDP im Kanton Bern ein noch klareres Gesicht gegeben hat. Wir haben Entscheide getroffen, die nicht zum ersten Mal gezeigt haben, dass wir uns von anderen bürgerlichen Parteien aufgrund einer eigenständigen Position durchaus unterscheiden:

  • Mit der klaren Positionierung gegen die Durchsetzungsinitiative haben wir einmal mehr gezeigt, dass wir nicht einfach die anständige Version der SVP sind.
  • Mit der eigenständigen Position betreffend die Regierungsratsersatzwahlen haben wir auch aufgezeigt, dass wir nicht wie die FDP blind den Vorgaben von Verbänden folgen, sondern eigene Abwägungen machen.
  • Vor allem aber haben wir gezeigt, dass wir solche Entscheide innerhalb der Partei diskutieren und uns nicht von aussen diktieren lassen, was wir zu meinen haben. Diese Entscheide passen nicht immer allen. Aber letztendlich waren es genau diese Abwägungen, die offenbar eine Mehrheit der Bevölkerung mit uns geteilt hat.

Die neue Regierung ist jetzt gewählt und die Frühlingsgefühle bezüglich der neuen Machtverhältnisse sind erwacht. Kurzfristige Torpedos in Form von nicht gegenfinanzierten Steuersenkungen wurden bereits in die Diskussion gebracht. Die BDP hat hier im Grossen Rat ihre Rolle der zukunftsgerichteten bürgerlichen Vernunft wahrgenommen.

Steuersenkungen ja, aber sie müssen mit Bedacht angegangen werden. Sie müssen finanziert sein und dürfen nicht wieder zu Hau-Ruck-Sparübungen führen, die letztendlich an der Funktionstüchtigkeit unseres Kantons kratzen. Errungenschaften werden so leichtfertig aufs Spiel gesetzt, zu Gunsten der eigenen Klientel. Das ist keine verantwortungsvolle bürgerliche Politik! Das ist purer Eigennutz.

Verantwortungsvolle bürgerliche Politik darf auch sozial sein, solange sich Arbeit noch lohnt und solange primär jene vom Auffangnetz profitieren, die ohne eigenes Verschulden in eine schwierige Situation gekommen sind. Daran halten wir fest und sind nicht bereit, diese Haltung kurzfristigen Überlegungen zu opfern.

Ein paar Vorhaben sind bereits bekannt, die zu Steuerausfällen führen werden, so zum Beispiel die Unternehmenssteuerreform III, hinter der die BDP steht, und die auch im Kanton Bern umgesetzt werden muss. Jedoch kommen immer wieder neue Torpedos hinzu, die dazu führen, dass Steuersenkungen nur für eine spezifische Gruppe diskutiert werden, und Entscheide, die die Allgemeinheit entlasten würden, immer wieder vertagt werden müssen, zu Gunsten kurzfristiger Klientelpolitik. Die Torpedos kommen nicht nur aus dem Kanton, sondern auch von der Bundesebene. Manche Abstimmungsvorlagen haben Auswirklungen sowohl auf den Bund wie auch auf die Kantone, und dies in einem unerträglichen Ausmass. Wir diskutieren heute auch eine solche Vorlage.

Wir legen unverändert Wert auf eine überlegte Vorgehensstrategie, auch wenn im Grundsatz klar ist, dass der Kanton Bern seine Steuern senken muss, um wirtschaftlich attraktiv zu sein. Und auch klar ist, dass das brennt und in weiten Kreisen der Bevölkerung ein wichtiges Thema ist. Genau deshalb braucht es eine glaubwürdige, mahnende Stimme aus der Mitte.

Dies ist die Position, die die BDP auch hier vertritt. Diese Position birgt eine grosse Verantwortung. Es kommt auf die BDP an. Diese Position enthält allerdings auch ein Risiko. Eine Lösung kommt so je nach Blickwinkel dank der BDP oder wegen der BDP zustande. Für die unterlegene Seite wird immer die BDP die Schuld haben. Deshalb gilt es in ganz besonderem Masse, an zukunftsorientierten, vernünftigen bürgerlichen Prinzipien festzuhalten und sich nicht vom Einheitsbrei aufsaugen zu lassen – es sei denn, der Einheitsbrei komme auch zu vernünftigen Schlüssen. Diese Rolle spielt unsere Grossratsfraktion sehr gut, mit zukunftsorientiertem, vernünftigem Abwägen. So auch in der letzten Session, in der unsere Fraktion kurzfristigen Steuersenkungsübungen eine Absage erteilt und ein strukturiertes Vorgehen gefordert hat.

Nicht zuletzt sind wir Berner und müssen uns nicht dem Zürcher Stil anpassen. Wir dürfen ruhig noch überlegen, wenn andere den Fehler schon gemacht haben. Aber: Nach dem Überlegen braucht es Handlung – diese kommt sicher und da wird die BDP ihren Teil dazu beitragen. «Gäng wie gäng» geht in diesem Fall nicht.

In fast allen Abstimmungen war es unsere Parolenfassung, die mit den Volksentscheiden übereingestimmt hat. Das ist nicht neu, das ist schon lange so. Heute wird oft behauptet, dass am Volk vorbei politisiert wird. Wenn eine Partei fast überall die Parolen so fasst, wie später die Mehrheit des Volkes entscheidet, dann stellt sich diese Frage für uns eigentlich nicht.

Es sind die Polparteien SVP und SP, die die Abstimmungen verlieren und sehr oft – manchmal leider zu wenig oft – mit ihren Anliegen unterliegen. Klar: Man mag mit gewissen Anliegen den Nerv der Bevölkerung treffen. Den Nerv zu treffen ist jedoch noch keine und schon gar keine nachhaltige Lösung. Das Verbreiten von Angstszenarien mit farbigen Prospekten und verzerrten Halbwahrheiten ist ebenfalls noch keine Lösung, sondern Propaganda, die nicht nur mich ärgert. Ein Beispiel aus den letzten Tagen bildet die Initiative gegen die Halbierung der Armee mit einer höchst zweifelhaften Bildsprache und Tatsachenverbiegungen en masse. Das Volk wird so für dumm verkauft.

Die Politik verkommt so zu einer Werbeveranstaltung auf dem Niveau des Angebots für eine Kaffeefahrt, bei der unterwegs Heizdecken zu überhöhten Preisen angeboten werden. Seriös ist anders.
Ein solcher Stil mag zwar viele Stimmen bringen und zu gewissen Wahlerfolgen führen. Das ist jedoch keine lösungsorientierte Politik und ist schon gar keine BDP-Politik.

Es mag verlockend sein, solche vermeintlichen „Siegermethoden“ anwenden zu wollen. Es hat Mitglieder gegeben, die genau das gefordert haben. Ich erteile einem solchen Ansinnen eine klare Absage: Ich bin nicht bereit, den Klamauk bei uns einzuführen, um Wählerprozente zu gewinnen. Dazu bin ich definitiv der falsche Präsident.

Ich rufe in Erinnerung, was im Parteiprogramm der BDP Schweiz auf der ersten Seite festgehalten ist:
„Als lösungsorientierte Mitte-Partei konzentriert sich die BDP auf eine konstruktive Gestaltung der Zukunft einer modernen und erfolgreichen Schweiz. Sie setzt sich sachlich und nüchtern mit den Herausforderungen der Schweiz und den Anliegen ihrer Bürgerinnen und Bürger auseinander. Im Vordergrund stehen mehrheitsfähige Lösungen und nicht ein stures Verharren auf Forderungen und Positionen. Dazu geht die BDP aktiv Allianzen ein, um die entsprechenden Lösungen durchsetzen zu können.“

Es ist klar, dass eine solche Position manchmal schwierig zu vermitteln ist.

Wir werden oft als Abspaltung bezeichnet. Manche finden das schlecht. Ich habe damit keine Probleme, wenn es in dem Sinne herüber kommt, dass unsere Gründerinnen und Gründer rechtzeitig Konsequenzen gezogen haben. Konsequenzen gezogen haben wegen genau diesem Klamauk und der strengen Doktrin von ein paar wenigen „sturen Gringen“, die nicht wenige um sich scharen, die den Leithammeln blind folgen.

Jetzt gilt es, unseren Weg konsequent weiterzugehen. Wir haben in unserer Partei viele Leute, die sich sehr engagieren. Ich durfte das an lokalen und regionalen Parteiversammlungen erleben. Auch diesen Leuten zuliebe schreiten wir mit guten Beispiel voran und zeigen, dass es nicht angebracht ist, wegen ein paar negativen Resultaten in eine depressive Stimmung zu verfallen. Gerade wir im Kanton Bern nicht. Die BDP des Kantons Bern hat nach wie vor vier nationale Abgeordnete. Im Gegensatz zur FDP, die davon nur zwei hat, und einstmals die wichtigste Partei im Land war. Und wir gewinnen nach wie vor mit profilierten Köpfen kommunale Wahlen.

Wir werden heute zu einigen Vorlagen Parolen fassen. Es hat eine emotionale Vorlage darunter, bei der sich das Dafür und das Dagegen nicht an Parteigrenzen festmachen lassen. Die meisten der anderen Vorlagen sind allerdings auch dieses Mal nicht primär dazu da, vernünftige Lösungen zu finden, sondern sie wurden entweder als Drohkulisse oder als Gesellschaftsexperiment und „Diskussionsbeitrag“ entwickelt. Oder sie wurden lanciert, um zu verhindern, dass ein politisches Kernthema an Bedeutung verliert, und so ein Problem nicht weiter auf die gleich polemische Art bewirtschaftet werden kann. Dazu ist jedes Mittel recht – auch die offensichtliche Falschaussage.

Wir sind zu Recht stolz auf unsere direkte Demokratie. Wir sollten zu ihr Sorge tragen und sie nicht ad absurdum führen. Ich möchte eine Politik betrieben, bei der ich mich im Spiegel zufrieden anschauen kann und gegenüber der Allgemeinheit ein gutes Gewissen habe. Deshalb bin ich damals der BDP beigetreten und bin heute mehr denn je mit Überzeugung dabei. Wir als BDP profilieren uns nicht über Hirngespinste.

In diesem Sinne eröffne ich die heutige Parteiversammlung.