Die grenzenlose Unterstützung des BAG bei Lieferengpässen …….

Im Nachgang zum hier unten geschriebenen Blogeintrag hatte ich ein längeres Telefongespräch mit einer verantwortlichen Person beim BAG. Sie haben meinen „Anfall“ verstanden und suchen eine pragmatische Lösung im Rahmen des gesetzten Rechtsrahmens. Untenstehend was meinen Ärger ausgelöst hat. (Text in kursiv hier nachträglich eingefügt) Ich hoffe, dass bald möglichst eine pragmatische Lösung gefunden wird
Am 7.2. hat die entsprechende Sitzung stattgefunden, ich bin zuversichtlich, dass es gut kommt.

Es ist zum wahnsinnig werden….

Gestern am 1. Februar hat der Bundesrat die Versorgung mit Heilmitteln als „problematisch“ eingestuft. Insbesondere fehlen Antibiotika für Kinder.
Anfang Januar hatte das BAG mitgeteilt, dass die Apotheken nun Herstellungen solcher Arzneimittel abrechnen können. Dieser Entscheid hat uns erfreut, war das doch bei einigen Krankenkassen ein grosses Problem.
Wir haben das so zur Kenntnis genommen und entsprechend positiv kommentiert. Allerdings hatten wir damals noch ein paar Fragen, die mit dem Rundschreiben des BAG an die Krankenkassen nicht geklärt waren.
Es ging um die Regeln der Vergütung von importierten Arzneimitteln und es ging darum, ob man auch die Substanz der entsprechenden Arzneimittel kaufen dürfe und nicht zwingend Tabletten zerbröseln müsste.

Die Freude über den BAG Entscheid hat sich gestern und heute in Ärger verwandelt. Wir sind zurück auf Feld 0 – d.h. nicht mal auf Feld 1.
Eine Apothekerin hatte selber direkt beim BAG angefragt, weil sie einen konkreten Fall eines Importmedikamentes bei einem Lieferengpass hatte, das von der Krankenkasse zurückgewiesen wurde.
Antwort des BAG : es müsse ein Kostengutsprachegesuch eingeholt werden.

Ich habe dann nochmal nachgefragt, ob das wirklich ihr Ernst sei. Bei fast 1000 Arzneimitteln die fehlen, nebst dem riesigen Abklärungsaufwand zur korrekten Fortführung der Therapie ein Kostengutsprachegesuch stellen zu müssen.
Die Antwort : man habe Verständnis für die Situation, man solle doch einfach jedesmal bei der Krankenkasse nachfragen, ob sie zahlen würden….

Wenn die Antwort aufgrund der Rechtslage an eine einzelne Apothekerin geht, ist das ja noch eins. Wenn die gleiche Antwort aufgrund der Rechtslage an eine Krankenkasse gegeben wird, dann wird’s sehr schwierig.

Einfach mal praktisch durchgeturnt :
Eine Mutter kommt mit einem schreienden Kleinkind und einem Rezept für Amoxicillin Sirup in die Apotheke. Die Apotheke hat sich ein Importprodukt besorgt für die kurzfristige Hilfe.  Das heisst man müsste jetzt die Versicherung anrufen und sich durchtelefonieren, bis man jemanden hat, der Auskunft darüber erteilt, ob das Medikament nun bezahlt wird. Ist der Entscheid negativ, müsste man ein Kostengutsprachegesuch beim Arzt anfordern, das dann mit einer Reaktionszeit von 2 Tagen bearbeitet werden müsste. Gibt man das Medikament vorher, zahlt die Kasse die Therapie so oder so nicht.
Die Konsequenz : die Eltern zahlen selber.
Oder die Apotheke stellt die Rechnung trotzdem an die Kasse und riskiert auf den Kosten sitzen zu bleiben.
Tolles Gefühl für die Apotheke…. man hilft uns muss sich dann die Kappe waschen lassen…

Jetzt fehlt gerade noch der bisher leider auch ungeklärte Punkt, ob wir nun auch die Substanzen der nicht erhältlichen SL Produkte brauchen können statt das eben nicht erhältliche Produkt als Grundlage für die Herstellung wenn die Substanz nicht in der ALT ist. Dazu haben wir bisher kein Statement und hören bereits von Rückweisungen. 

Amoxicillin und Ibuprofen sind nicht in der ALT…..

Zur Erklärung ALT :
Das ist der Tarif, der die Vergütung der Herstellung in den Apotheken regelt.

Das habe ich hier beschrieben : https://www.enea-martinelli.ch/ibuprofen-sirup-ist-zurzeit-schwer-erhaeltlich-und-wenn-die-apotheken-in-herstellen-wird-er-von-den-krankenkassen-nicht-bezahlt/

Es hat dort noch Substanzen drin, die seit 1972 verboten sind. Dafür Ibuprofen und Amoxicillin nicht. Der neuste Eintrag ist von 2007… 
Letzte grosse Revision 1996. 

seither ist ein eidgenössisches Heilmittelgesetz eingeführt und bereits zwei mal revidiert worden.  HMG seit 2002; 1. Revision 2010. 2. Revision 2018Damals hatten wir die Pharmakopoe (Arzneibuch mit den Regeln zur Qualitätssicherung)  Version 6.Jetzt haben wir Version 12…Wesentliche Kapitel wurden dort neu gefasst, insbesondere was die Herstellung betrifft.

Und die ALT wäre eigentlich ein Amtstarif. D.h. das BAG gibt sie raus.

Ich hatte mir mal den Sport gemacht Substanzen zu zählen, die nicht mehr aktuell, aber dort aufgeführt sind :

11 x Ph Helv V  ausser Kraft seit 1972
31 x Ph Helv VI ausser Kraft seit 1987
11 x Ph Helv VII ausser Kraft seit 1997
180 x Ph Helv VIII ausser Kraft seit 2002
10 x Ph Helv IX   ausser Kraft seit 2006

Und weil eben Amoxicillin und Ibuprofen nicht drin sind, mussten wir bisher Tabletten des SL-Präparates zerbröseln, damit es bezahlt wird. Wir haben die Frage gestellt, ob wir nicht auch mit der Substanz arbeiten könnten, auch wenn diese nicht explizit aufgeführt ist aber die entsprechenden Präparate in der SL sind. 

Die Antwort steht noch aus. Es wäre etwas schräg, wenn wir zur Herstellung nicht vorhandene Produkte einsetzen müssten …. aber eben : es gibt Kassen, die nur zahlen wenn wir nachweisen, dass wir ein SL-Produkt zur Herstellung verwendet haben – oder aber die Substanz eben explizit in der ALT aufgeführt ist.